Familie in Rossberger Tracht zwischen Mietskasernen, Beuthen-Rossberg, 1920er/30er Jahre, unbekannter Fotograf, copyright: Muzeum w Gliwicach
Oberschlesien im Objektiv
Historische und aktuelle Fotografien aus dem Muzeum w Gliwicach (Gleiwitz), dem Schlesischen Museum zu Görlitz und der Berliner Initiative europareportage

Präsentiert vom Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte und dem Deutschen Kulturforum östliches Europa

08.02.2008 - 06.04.2008


Oberschlesien um 1900 und nach dem Jahr 2000 – mit zwei sehr unterschiedlichen und doch miteinander korrespondierenden Fotoausstellungen präsentiert das HBPG ganz verschiedene Blicke auf die dramatischen gesellschaftlichen Wandlungen in dieser Region.
Es ist vor allem das Nebeneinander höchst widersprüchlicher Eindrücke von Verfall, Beständigkeit und Erneuerung, die die Fotografen immer fasziniert und deshalb im Bild festgehalten haben: mächtige Industrieanlagen, die beeindrucken und zugleich erschrecken lassen, Menschen voller Vitalität, aber gezeichnet von den Spuren harter Arbeit, ländliche Idyllen neben ausgezehrten Industrielandschaften.

Die Ausstellung "Oberschlesien im Objektiv", die in Zusammenarbeit des Museums in Gliwice/ Gleiwitz mit dem Schlesischen Museum zu Görlitz entstand, zeigt rund 110 Fotografien aus den 1860er bis 1930er Jahren. Sie stammen überwiegend aus dem reichen Gleiwitzer Bestand historischer Aufnahmen, ergänzt um einige Fotografien aus der Sammlung des Schlesischen Museums. In einer Wanderausstellung wurden sie erstmals im Sommer 2007 sehr erfolgreich einem breiten Publikum in Polen und Deutschland vorgestellt.
Mit neun leuchtenden Bildserien ist eine ungewöhnliche, sehr wirkungsvolle Präsentationsform gefunden worden, die den alten Aufnahmen eine neue Ausstrahlung verleiht.
Die Fotografien zeigen ein Land und seine Menschen inmitten wirtschaftlicher, politischer und kultureller Veränderungen und lassen zugleich die rasanten technischen und künstlerischen Innovationen in der Fotografie zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkennen. Zu sehen sind faszinierende Atelieraufnahmen Wilhelm von Blandowskis aus den 1860er Jahren, eine einzigartige fotografische Dokumentation oberschlesischer Industrieanlagen vom Anfang des 20. Jahrhunderts und frühe Zeugnisse des Bildjournalismus u. a. von Max Steckel.
Neben dem Alltag der Industriegesellschaft hielten Fotografen aber auch die untergehende Welt der alten Festbräuche, Trachten und dörflichen Lebensformen im Bild fest. Diese Motive finden sich häufig bei Karl Franz Klose, einem der bekanntesten schlesischen Fotografen der 1930er Jahre, dessen Nachlass das Schlesische Museum zu Görlitz bewahrt.

Kuratoren der Ausstellung: Dr. Martina Pietsch (Schlesisches Museum zu Görlitz) und Damian Recław (Muzeum w Gliwicach)
Gestaltung: id3d-Berlin

Die zweite Ausstellung "Begegnungen im Oberschlesischen Industriegebiet" ist ein Zeitsprung in das Jahr 2005.
Die Berliner Initiative europareportage, zu der die Fotografen Anke Illing und Thomas Voßbeck gehören, spürte den Veränderungen im oberschlesischen Industrierevier seit dem Ende der Volksrepublik und Polens Beitritt in die EU nach.
Ihre Fotoreportage stellt biografische Momentausnahmen neben Fotografien der Industrie-, Wohn- und Landschaftsarchitektur, die vom tiefgreifenden Umstrukturierungsprozess zeugen.
Die Ausstellung dieser aktuellen Fotografien entstand in Kooperation mit dem Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit in Gliwice/ Gleiwitz und dem Oberschlesischen Landesmuseum Ratingen. Als Übersetzer leistete Dawid Smolorz einen großen Beitrag zu diesem Projekt. Die Wanderausstellung wurde bereits in der Galerie "Szyb Wilson" ("Wilson-Schacht") in Katowice/ Kattowitz und im Oberschlesischen Landesmuseum in Ratingen gezeigt.

Die Kataloge zu den Ausstellungen "Oberschlesien im Objektiv" und "Begegnungen im Oberschlesischen Industriegebiet" sind im Museumsshop des Kutschstalls zum Preis von 12 Euro bzw. 5 Euro erhältlich.

 

Begleitprogramm zur Ausstellung ›››

Begleitende Veranstaltungsreihe "Oberschlesien im Viser"

Mittwoch, 13.02.2008, 19 Uhr
Vortrag
"Oberschlesien – Land und Leute in Geschichte und Gegenwart"
Dr. Aleksandra Trzcielinska-Polus
Schlesisches Institut, Oppeln / Instytut Slaski w Opolu
Oberschlesien – eine überaus interessante, aber auch problematische mitteleuropäische Region: Die mehrfach wechselnde staatlich-politische Zugehörigkeit seit dem Mittelalter bis in unsere Zeit sowie die ethnische, nationale, kulturelle, sprachliche und konfessionelle Vielschichtigkeit machen diese Region geradezu zu einem Paradigma der gegenseitigen Beziehungen der Nachbarn in der Mitte Europas. Im 20. Jahrhundert hat diese Region eine leidvolle Geschichte erlebt: bürgerkriegsähnliche Aufstände nach dem Ersten Weltkrieg, Teilung Oberschlesiens zwischen Deutschland und Polen, der Zweite Weltkrieg, Flucht und Vertreibung, die Era des Komunismus, etc. 1945 kam ganz Oberschlesien zu Polen, man hat versucht die "Autochtonen" zu polonisieren. Viele Oberschlesier flohen, wurden vertrieben oder entschlossen sich zur Aussiedlung, viele sind aber in der Heimat geblieben und versuchen ihre Identität zu bewahren.
Beitrag: 3 Euro


Mittwoch, 27.02.2008, 19 Uhr
Vortrag
"Industrielandschaft Oberschlesien – Fotoreportagen über das Gestern und Heute"
1 – Oberschlesische Industriegeschichte

Dr. Albrecht Tyrell, ehem. Direktor des Oberschlesischen Landesmuseums, Ratingen
2 – Oberschlesien – das postindustrielle Kulturerbe
Anke Illing und Thomas Voßbeck, freiberufliche Fotografen, Initiative europareportage, Berlin
Wo Anfang des 19. Jahrhunderts noch Dörfer standen, leben heute fast 3 Millionen Menschen. Das Oberschlesische Industriegebiet veränderte sich wie kaum eine andere Region in Europa. Bergbau, Verhüttung und Metallverarbeitung bestimmten für lange Zeit den Puls der Wirtschaft. Heute erfordert die Globalisierung andere Technologien und Dienstleistungen.
Beide Vorträge, beide Fotoreportagen spannen den Bogen von der Zeit, als Oberschlesien zum Deutsches Reich gehörte, bis in die polnische Gegenwart. Dabei werden nicht nur Maschinen oder geschichtliche Ereignisse vorgestellt. Auch Porträts geben Einblicke in das Berufsleben und die Privatsphäre von Menschen, die heute in Kattowitz, Beuthen oder Gleiwitz leben.
Beitrag: 3 Euro


Filme
Oberschlesische Trilogie von Kazimierz Kutz

Sonntag, 02.03.2008, 11 Uhr
Das Salz der schwarzen Erde / Sól ziemi czarnej (1969)

Sonntag, 09.03.2008, 11 Uhr
Eine Perle in der Krone / Perla w koronie (1971)

Sonntag, 16.03.2008, 11 Uhr
Perlen eines Rosenkranzes / Paciorki jednego rózanca (1979)
Anschließend Filmgespräch mit dem Regisseur Kazimierz Kutz über seine Filme und sein Oberschlesien
Moderation: Thomas Schulz, Deutsches Kulturforum östliches Europa
Die "Oberschlesische Trilogie" ist eine dreiteilige Filmserie über Oberschlesien, zu der Regisseur Kazimierz Kutz die Drehbücher selber schrieb. Sie zeigt in hochinteressanten, originellen Aufnahmen Oberschlesien und versucht vor allem, dessen regionale, landschaftliche und geschichtliche Besonderheit hervorzuheben. Indem Kutz die oberschlesische Realität in die Mythosstruktur integriert, schafft er ein sehr suggestives und konsequentes Bild, weit entfernt von Politisierung und romantischer Überschwänglichkeit.
In seinen Schlesien-Filmen porträtierte Kutz den Menschen stets als einen Teil des Kollektivs. Das Individuelle wurde stets auf das gemeinsame Leben, auf das gemeinsame Wertesystem übertragen. Eng miteinander vermischt sind hierbei die tragischen und die aberkomischen Elemente, insbesondere der spezifische, regionale Witz.
Kazimierz Kutz wurde 1929 in Schoppinitz/Szopienice, Oberschlesien, geboren. Er ist einer der bekanntesten polnischen Film- und Theaterregisseure, Publizist und Politiker. Senator der Republik Polen 1997–2007, seit November 2007 ist er Abgeordneter des polnischen Parlaments (Sejm)
Veranstaltungsort: Filmmuseum Potsdam, Breite Straße 1A / Marstall am Lustgarten, 14467 Potsdam
Tel.: 0331/27181-0
Beitrag: 5 Euro / erm. 4 Euro
Besuchern wird bei Vorlage der Eintrittskarte der ermäßigte Eintrittspreis in die Ausstellung "Oberschlesien im Objektiv" gewährt.


Mittwoch, 05.03.2008, 19 Uhr
"Bilder wachsen aus Rauch und Traum und Flamme"
Horst Bieneks Oberschlesien
Szenische Lesung mit Oskar Ansull und Theo Jörgensmann, Klarinette
"Oberschlesien ist nicht Schlesien, es ist beides nicht eindeutig: weder deutsch noch polnisch, und seine Unabhängigkeitsansprüche waren gar nicht weit hergeholt, wenn auch politisch hoffnungslos. (...) Zerquetscht und ständig hin und her gerissen zwischen zwei anspruchsvollen, total humorlosen Nationalismen, waren´s die Leute einfach leid, ständig 'bekennen' zu müssen,” schrieb Heinrich Böll über Oberschlesien in seiner Rezension von Horst Bieneks Roman Die erste Polka.
Eine Annäherung an den Dichter der Gleiwitzer-Romane, die Oskar Ansull zusammen mit dem Jazz-Klarinettisten Theo Jörgensmann unternimmt, eine Reise in Bieneks "dunkles Land", das ihn geboren hat und in jene Zeit, die ihn aus seinem Geburtsland vertrieb, auch nach Potsdam, wo er nach dem Abitur Redaktionsvolontär bei der "Tagespost" war.
Beitrag: 3 Euro


Mittwoch, 12.03.2008, 19 Uhr
LANDNAHME
Lesung mit Christoph Hein
und Gespräch über das Leben von Flüchtlingen und Vertriebenen in der DDR
Moderation: Dr. Michael Parak, Kulturreferent für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz
Flucht und Vertreibung, dieses lange tabuisierte bzw. instrumentalisierte Thema ist für das Verständnis der deutschen Nachkriegsgesellschaften in Ost und West von zentraler Bedeutung. Im sechsten Jahrzehnt nach den Ereignissen sind die Heimatvertriebenen zum Gegenstand bemerkenswerter literarischer Entwürfe geworden. Mit dem Roman "Landnahme" hat sich Christoph Hein auch als Chronist und Analytiker deutscher Zeitgeschichte profiliert. Er erzählt in seiner Mehrstimmigen Aufsteigerbiographie eines schlesischen Flüchtlingskinds, vom Leben aus der Erfahrung des Verlusts, über seine Erfahrung sich in seiner neuen Heimat – der DDR – zurechtzufinden. Auch der Lebensweg des 1944 in Schlesien geborenen Autors zeigt, dass solch ein Schicksal kein Einzelfall war. 1950 lebten rund 3,3 Millionen Deutsche aus Ostpreußen, Schlesien und dem Sudetenland in der DDR. Jeder fünfte Bewohner des Landes gehörte damit zum Kreis der Flüchlinge und Vertriebenen. Doch die SED belegte diesen Teil der deutschen Geschichte mit einem Tabu. Selbst die verharmlosende Bezeichnung "Umsiedler" musste aus dem öffentlichen Sprachgebrauch verschwinden.
Beitrag: 5 Euro / erm. 4 Euro

Mittwoch, 02.04.2008, 19 Uhr
Podiumsdiskussion
Quo vadis, Silesia? – Oberschlesiens Wege in die Zukunft
mit:
Dr. Jerzy Gorzelik, Kunsthistoriker, Schlesische Universität Kattowitz, Schlesische Autonomiebewegung, Kattowitz/Katowice
Dr. Guido Hitze, Historiker (Oberschlesische Landesgeschichte), Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen
Matthias Kneip, Schriftsteller, Mitarbeiter des Deutschen Polen Instituts, Darmstadt
Marcin Wiatr, Direktor des Hauses für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit, Gleiwitz/Gliwice
Moderation: Cornelius Ochmann, Osteuropaexperte, Bertelsmann Stiftung, Berlin
Oberschlesien ist eine Kulturlandschaft mit großer Geschichte. Die dynamische Entwicklung, die aus dieser Region im 19. Jahrhundert ein Zentrum der europäischen industriellen Revolution machte, änderte zugleich die ethnische und soziale Struktur Oberschlesiens. Heute ist die montane Industrie, die so sehr die Landschaft und die Leute prägte, Vergangenheit. Die Region strukturiert sich um, befindet sich auf der Suche nach eigener Identität und nach neuen Chancen, um ihre Zukunft neu zu gestalten.
Welchen Veränderungen ist Oberschlesien heute unterworfen, welche Spezifika charakterisieren diese Region, ihre Landschaft, Geschichte, ihre Bewohner und ihre Zukunft?
Quo vadis, Silesia?


 

Eintritt
Einzelticket 3 Euro / erm. 2 Euro
Sonderpreise für Gruppen, Familien und Schulklassen
Kinder bis 6 Jahre frei


Veranstalter
Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte
Deutsches Kulturforum östliches Europa
Filmmuseum Potsdam
Kulturreferent für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz


Partner
Schlesisches Museum zu Görlitz
Museum Gleiwitz
Polnische Nationalfilmothek
Polnisches Institut Berlin
Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit
Woiwodschaft Schlesien


 
 
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