Die Ausstellung widmet sich der wechselvollen Geschichte und Gegenwart des textilen Handwerks und der Bekleidungsproduktion in Brandenburg-Preußen.
Im Mittelpunkt stehen zwei Prozesse, die einander immer bedingten: die Entwicklung vom Schneiderhandwerk über die serielle bis hin zur modernen, massenhaften Bekleidungsproduktion sowie die Entwicklung vielfältiger Methoden zur Vermessung und Standardisierung des Körpers.
Mit seiner Ausstellung geht das HBPG neue Wege. Die Ausstellungsarchitektur wurde in Zusammenarbeit mit dem Interdisziplinären Raumlabor des Masterstudiengangs Bühnenbild_Szenischer Raum der Technischen Universität Berlin unter der Leitung von Prof. Albert Lang entworfen und realisiert. Die Ausstellung präsentiert das kulturhistorische Thema als szenische Erzählung mit historischen Exponaten, Installationen und künstlerischen Arbeiten von Julia Bonn, Anke Dessin, Alba D'Urbano, Susanne A. Friedel, Kati Gausmann, nichtichx2, Anette Rose und Helena Waldmann.
Wie so vieles in Preußen verbindet sich auch der Beginn der textilen Manufakturproduktion im 18. Jahrhundert mit dem Militär. Um den Bedarf des stehenden Heeres an Uniformen decken zu können, musste seriell produziert werden. Dafür wurden erste Mustergrößen und standardisierte Herstellungsverfahren entwickelt. Bald folgte die Fertigung auch von ziviler Bekleidung nach Normalgrößen, die sich später immer weiter differenzierten.
Die Geschichte der seriellen Bekleidungsproduktion ist eng verbunden mit der Suche nach universellen Größensystemen. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen deshalb die unterschiedlichen Methoden des Vermessens, die nicht nur den menschlichen Körper in Messstrecken und Zahlen zergliedern, sondern auch die arbeitsteilige, kapitalistische Produktion ermöglichen. Im 19. Jahrhundert und noch bis Mitte der 1950er Jahre existierten vielfältige und zahlreiche Größensysteme für Konfektionsbekleidung, und bald jedes Modegeschäft hatte sein eigenes. Fast vergessen ist z.B. die Kennzeichnung von Konfektionsgrößen mit bunten Sternen. Für das jugendliche Mädchen ("Backfisch") stand der blaue oder weiße Stern, der "Gelbstern" war die angestrebte ideale weibliche Normalgröße, und der rote bzw. grüne Stern entsprach den Kleidermaßen älterer Damen. In der Literatur und in Theaterstücken der 1920er Jahre rankten sich schillernde Geschichten um die Vorführdamen in den Geschäften und Kaufhäusern.
Noch heute gibt es unterschiedliche Größensysteme der Konfektion. Statistische Reihenmessungen und die modernen, digitalen Messverfahren sollen das Größenwirrwar beenden, und sie zeigen, dass weiter um die richtige Passform für möglichst viele Menschen gerungen wird. Vor diesem Hintergrund fragt die Ausstellung auch nach den Maßstäben und Normen der modernen Textil- und Modeindustrie im Spannungsfeld von gesellschaftlichen Idealen, Individualität, Uniformität und Globalisierung.
Die Ausstellung wurde im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes vom Zentrum für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der Technischen Universität Berlin kuratorisch beraten und evaluiert.
Kuratorin der Ausstellung ist Dr. Daniela Döring; Co-Kuratorin war Rabea Rugenstein.
Begleitend zur Ausstellung erscheint die Broschüre "Vom Maßnehmen, Zuschnitt und Nähen einer Ausstellung", herausgegeben von Daniela Döring im Auftrag des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (96 Seiten, Format: 15 x 23 cm) mit Beiträgen von
Kurt Winkler: Maßnahmen. Wie eine Ausstellung entsteht
Thomas Wernicke: Uniform nach Maß
Daniela Döring: Das wilde Messen
Rabea Rugenstein: Taktungen der Mode
Hannah Fitsch: In Linien, Ebnen und gantzen Corporen. Vom Raster zur Silhouette
Albert Lang: Über Maßnahmen und Repräsentationen des Körpers
und künstlerischen Positionen von
Anke Dessin, Kati Gausmann, Julia Bonn, nichtichx2, Susanne A. Friedel, Helena Waldmann, Anette Rose und Alba D'Urbano
Sie ist im Museumsshop des HBPG zum Preis von 7,50 Euro erhältlich.
Ein Begleitprogramm ergänzt das Spektrum der Ausstellung.
Begleitprogramm zum Download (PDF, 90KB)
Ausstellungseröffnung
Do, 14.04.2016 | 18 Uhr | Eintritt frei
Öffentliche Ausstellungsführungen
Sa, 23.04. | Sa, 25.06. | jeweils 15 Uhr | Eintritt: 7 Euro, erm. 5 Euro
So, 22.05. | Internationaler Museumstag | 15 Uhr | Eintritt: frei
Partner der Ausstellung und des Begleitprogramms
Märkische Stiftung für Gesundheits- und Kulturförderung
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien
Filmmuseum Potsdam
Besucheradresse
Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte
Kutschstall, Am Neuen Markt
14467 Potsdam
Tel: 0331/62085-50
Öffnungszeiten
Di bis Do 10–17 Uhr
Fr bis So und feiertags 10–18 Uhr
Eintritt:
geändert: 5 Euro, erm. 4 Euro, freitags 4 Euro
freier Eintritt an allen Juni-Samstagen für Besucherbefragung