Wusterhausen 1971, Foto: Heinz Krüger (Museum und Galerie Falkensee), Brandenburgisches Literaturbüro
Kindheitsbilder
Alltagsfotografie in Brandenburg seit 1848

Eine Ausstellung des Brandenburgischen Literaturbüros und des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte
im Rahmen des Themenjahres von Kulturland Brandenburg 2013 "spiel und ernst – ernst und spiel. kindheit in brandenburg"

26.07.2013 - 12.01.2014


Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg

Greifenhain bei Drebkau, 1881, Foto: Brandenburgisches Literaturbüro Am 19. August 1839 stellte der Maler Louis Jacques Mandé Daguerre das erste praxistaugliche fotografische Verfahren auf einer Sitzung der Pariser Akademie vor. Die Geschwindigkeit, mit der sich die Daguerreotypie in Europa und der restlichen Welt dann verbreitete, war enorm. Anfang September 1839 kamen die ersten Apparate nach Berlin. Es dauerte nicht lange, bis die Lichtbilder auch in der brandenburgischen Provinz angeboten wurden. Dafür sorgten Wander-Daguerreotypisten, die ihre Arbeitsorte häufig wechselten, da die vermögende Kundschaft in den Kleinstädten oder auf dem Lande rar war.

Zu den wenigen Bildern, die sich aus diesen frühen Jahren der Fotografie aus der Mark Brandenburg erhalten haben, gehört die Daguerreotypie mit dem Familienbildnis des Apothekers Wittrin aus Prenzlau, seiner Frau und deren acht Kinder. Es ist das älteste Objekt in der Ausstellung. Mehr als 300 Fotografien von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart illustrieren den zeitgeschichtlichen Wandel kindlicher Lebenswelten und die Veränderungen im Blick der Gesellschaft auf Kinder und Kindheit. Den Bildern zur Seite gestellt sind literarische Texte, in deren Mittelpunkt die regionalen Besonderheiten, die wechselnden historischen Umstände und die unterschiedlichen Milieus stehen, die für den Alltag von Kindern in der Mark zu unterschiedlichen Zeiten prägend waren.

Senzig bei Königs Wusterhausen, ca. 1950, Foto: privat (Ina Droste), Brandenburgisches Literaturbüro Über einen Zeitraum von anderthalb Jahrhunderten sind es dieselben Sujets, die in den Fotos festgehalten wurden: Kinder beim Spielen, beim Posieren mit Freunden, Geschwistern und Eltern, Kinder in Uniform, Kinder am Wasser und Kinder in der Schule. Für all diese Themen finden sich Bildzeugnisse in der Ausstellung, die den Wandel von Haltung, Mode und Technik illustrieren. So führt etwa eine Reihung von exemplarischen Klassenfotos die Typologie des Motivs von 1880 bis in die Gegenwart vor Augen. Doch besonders an den Porträts wird deutlich, was den melancholischen Reiz dieser Aufnahmen ausmacht: In der absichtslosen Offenheit der kindlichen Gesichter, wie sie vor hundert oder fünfzig Jahren in einem flüchtigen Moment abgebildet wurden, begegnen wir der eigenen Zeitlichkeit.

Einschulung in Schwedt (1966). Foto: Werner Krause (priv.), Brandenburgisches Literaturbüro Woher kommen die Bilder, die in der Ausstellung gezeigt werden? Relativ wenig ist in den öffentlichen Sammlungen überliefert. Grund dafür sind nicht nur die Verheerungen des letzten Krieges, sondern auch das sich erst spät entwickelnde Sammlungsinteresse. In Bezug auf die bildliche Darstellung von Architektur oder Brauchtum wurde der dokumentarische Wert der Fotografie schon früh geschätzt. Alltagsmotive sind dagegen selten bewahrt worden, zumal sich die Reportagefotografie in der Breite erst nach dem Ersten Weltkrieg durchzusetzen begann. Die relativ lichtschwache Optik, die nicht ausreichend empfindlichen Emulsionen und die Unbeweglichkeit der Apparate erschwerten überdies bis hinein in die 1920er Jahre Momentaufnahmen vom Alltag. Glücksfälle stellen Nachlässe von professionellen Fotografen wie der von Heinz Krüger im Museum in Falkensee oder von Herbert Werner Brumm im Schwedter Museum dar. Beide Fotografen werden mit einer Auswahl von Kindheitsmotiven in der Potsdamer Ausstellung vorgestellt.

Der weitaus größere Teil der in Potsdam gezeigten Kindheits-Motive stammt jedoch aus privater Hand. Im Jahr 2011 Jahr hatte das Brandenburgische Literaturbüro mit Unterstützung der regionalen Medien begonnen, Fotos mit Kindheitsmotiven aus privaten Haushalten zusammenzutragen. Einige hundert Brandenburger beteiligten sich an dem Vorhaben. Mehr als Zehntausend Aufnahmen kamen nach dem Aufruf zusammen. Eine Auswahl von dreihundert Fotografien ist in der Ausstellung zu sehen. Die Bilder illustrieren den Wandel kindlicher Lebenswelten über einen Zeitraum von mehr als einhundertsechzig Jahren. In ihrer Summe bilden sie das kollektive Familienalbum Brandenburgs. Ein Großteil der Fotos, die nicht in der Ausstellung gezeigt werden können, wird ab Ende November 2013 auf dem Internetportal www.zeitstimmen.de präsentiert, weshalb auch nach wie vor gesammelt wird.

Wildau (1992). Foto: Brandenburgisches Literaturbüro Die eingesandten Privatfotos wurden in der Regel eher mit dokumentarischer als mit ästhetischer Wirkungsabsicht aufgenommen und sind selten ohne technische Mängel. Ihr Reiz besteht in ihrer Unmittelbarkeit, in der Verdichtung von Zeit und Ausdruck. In der Ausstellung lässt sich z.B. die Geschichte einer brandenburgischen Familie über eine Lebensspanne von zwei Jahrhunderten auf sechs Bildern nachvollziehen, die erst durch ihre Reihung interessant werden. Es gibt aber auch gestellte und ungestellte Kuriositäten und einen bisweilen auch unabsichtlich entstandenen graphischen oder malerischen Reiz. Gelegentlich erkennt man den Gestaltungswillen von technisch versierten und ästhetisch ambitionierten Fotografen – wie etwa in einem Album, das der Hauslehrer auf dem Gut der Familie zu Putlitz in Groß Pankow anlegte. Sodemann hielt um 1900 die Bewohner des Prignitz-Dorfes, ihren Alltag und ihre Arbeitsweise für die Nachwelt fest. Entstanden sind Bilder, in denen sich die Poesie der kargen Landschaft ebenso wie die Härte der bäuerlichen Lebenswelt wieder findet.

Ab 1. Advent: Neuer Ausstellungsbereich "Kindheit und Weihnachten"
Der Aufruf an die Brandenburger, private Weihnachtsfotos für die aktuelle Ausstellung einzusenden, fand ein großes Echo. Aus über 500 Einsendungen wurden nun die zwölf schönsten Motive ausgewählt. Sie sind seit dem 1. Adventssonntag in einem neuen Ausstellungsbereich zu sehen.

Kurator der Ausstellung ist Dr. Peter Walther, Mitarbeiter des Brandenburgischen Literaturbüros.

Nach ihrer Präsentation im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam wird die Ausstellung noch an verschiedenen anderen Orten in Brandenburg zu sehen sein.

Begleitband zur Ausstellung Kindheitsbilder Katalog zur Ausstellung:
Kindheitsbilder
Alltagsfotografie in Brandenburg seit 1848

hrsg. von Peter Walther im Auftrag des Brandenburgischen Literaturbüros und des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte
mit Beiträgen von Martin Ahrends, Bernhard von Barsewisch, Klaus Büstrin und Antje Rávic Strubel
Lukas Verlag, Berlin 2013
Festeinband, 27 x 24 cm, 345 teils farbige Abbildungen, 293 S.
ISBN 978–3–86732–149–5
19,80 Euro in der Ausstellung
30 Euro im Buchhandel

 

Begleitprogramm zur Ausstellung ›››

Öffentliche Kuratoren- und Fachführungen
Sa, 10.08. | Sa, 07.09. | Sa, 19.10. | 16.11. | 14.12. | 11.01. / jeweils 15 Uhr
Beitrag: 5 Euro
Informationen und Anmeldung beim Besucherservice
Tel: 0331/62085-50

Führungen für Gruppen (max. 25 Personen)
Dauer: ca. 1 Stunde
Gruppen: 55 Euro Führungsgebühr + 2 Euro erm. Ticket/ Person
Schulklassen: 50 Euro Pauschalpreis
Eine Anmeldung ist erforderlich.

Museumspädagogische Angebote ›››

 

Veranstaltungen

Mi, 07.08.2013 | 19 Uhr
Buchpräsentation und Lesung
Kindheitsbilder. Alltagsfotografie in Brandenburg seit 1848
Die Autoren Klaus Büstrin, Martin Ahrends und Bernhard von Barsewisch lesen aus ihren Texten über ihre Kindheit.
Beitrag: 3 Euro
Die Ausstellung ist bis 19 Uhr geöffnet.

Sa, 24.08.2013 | ab 15 Uhr
"Brandenburg liest II" – Die Sommerlesung für junge und erwachsene Leser
Lesungen und Gespräche mit Klaus Kordon, Sabine Ludwig, Antje Wagner, Ines Sebesta, Michael Kumpfmüller, Eva Menasse, Marion Brasch, Anja Manz und Sven Stricker
Beitrag: Kinder/ Jugendliche unter 18 Jahren 3 Euro, Erwachsene 12 Euro/ erm. 10 Euro
Ort: Villa Quandt, Große Weinmeisterstr. 46/47, 14469 Potsdam
Information und Kartenreservierung: 0331/280 41 03

Mi, 25.09.2013 | 19 Uhr
Film und Gespräch
Die Kinder von Golzow
Barbara und Winfried Junge, Regisseure
Die Autoren der filmischen Langzeitdokumentation über Schüler einer Schulklasse aus dem brandenburgischen Golzow im Oderbruch stellen zwei von zwanzig Kurzfilmen vor, die in den Jahren von 1961 bis 2007 entstanden sind: "Wenn ich erst zur Schule geh" (1961) und "Elf Jahre alt" (1966). Im anschließenden Gespräch kommen die Entstehungsbedingungen und wechselnden Rezeptionsumstände der filmischen Dokumentation, die als filmische Unternehmung mit der weltweit längsten Produktionsdauer gilt, über den politischen Umbruch von 1989 hinweg zur Sprache. Weitere Teilnehmerinnen des Gesprächs sind die Leiterin des Museums "Die Kinder von Golzow", Simone Grieger, die Auskunft über die lokalen Umstände und die Biographien einzelner Darsteller gibt, und die einstige Lehrerin der "Kinder von Golzow", Marlies Teike.
Beitrag: 3 Euro
Die Ausstellung ist bis 19 Uhr geöffnet.

Mi, 23.10.2013 | 19 Uhr
Vortrag
Die Sammlung Warschewski: Zeit-, Regional- und Famil iengeschichte im Spiegel der Fotografie
Alexander Holmig, Brandenburg an der Havel
Der Historiker Alexander Holmig verfügt über eine einzigartige Sammlung von Fotografica, die neben wertvoller Gerätetechnik (Kameras, Objektive u.a.m.) auch eine Vielzahl von fotografischen Motiven auf den unterschiedlichsten Bildträgern umfasst. Die Bilder, von denen eine Auswahl in der Ausstellung zu sehen sein wird, wurden von seinem Urgroßvater in den Jahren von ca. 1910 bis 1950 in Frankfurt (Oder), Rathenow und anderen Orten in Brandenburg aufgenommen. Holmig präsentiert die Aufnahmen im Original und geht den zeit-, regional und familiengeschichtlichen Spuren in der fotografischen Überlieferung Warschewskis nach.
Beitrag: 3 Euro
Die Ausstellung ist bis 19 Uhr geöffnet.

Mi, 20.11.2013 | 19 Uhr
Lesung
Solange ich denken kann. Roman einer Jugend
Eva Zeller, Schriftstellerin
Eva Zeller (geb. 1923) wuchs auf dem Rittergut ihrer Großmutter in Görzke im Havelland auf. Sie studierte Germanistik und Philosophie in Greifswald, Marburg und Berlin, unterrichtete von 1947 bis 1950 in Görzke als Junglehrerin, lebte später in Hohenwerbig und Kleinmachnow, bis sie 1956 die DDR verließ und nach Südwestafrika ging. 1962 kehrte sie in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Eva Zeller veröffentlichte Kinderbücher, Romane, Erzählungen, Lyrik, Hörspiele und Essays. Frühe literarische Vorbilder sind Theodor Fontane, Gottfried Benn und Günter Eich. In ihren ersten Büchern befasste sie sich mit der Apartheidpolitik im damaligen Südwestafrika und den daraus erwachsenden menschlichen und sozialen Konflikten. Als literarische Chronistin des Nationalsozialismus schrieb sie über ihre Kindheit und Jugend im "Dritten Reich" und profilierte sich darüber hinaus als stilistisch versierte Beobachterin der Gegenwart.
Beitrag: 3 Euro
Die Ausstellung ist bis 19 Uhr geöffnet.


 
 

Das Projekt wird gefördert durch die Landeshauptstadt Potsdam, das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg und die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung.
Kulturland Brandenburg 2013 wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur sowie das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg.
Mit freundlicher Unterstützung der brandenburgischen Sparkassen und der Investitionsbank des Landes Brandenburg.

 

Besucherinformationen

Öffnungszeiten
Di bis Do 10–17 Uhr
Fr bis So und an Feiertagen 10–18 Uhr
Mo geschlossen

Eintrittspreise
Einzelticket: 4 Euro/erm. 2 Euro | freitags 2 Euro
Familienticket: 6 Euro
Gruppen (ab 10 Personen): 2 Euro pro Person
Besucher bis 18 Jahre und Inhaber des Mobilitätstickets: frei

Preise für Führungen
Gruppen (bis max. 20 Personen): 55 Euro + 2 Euro/Person
Schülergruppen: 50 Euro Pauschalpreis

Gruppenbesuche und Führungen bitte mindestens 14 Tage im Voraus anmelden.
Anmeldung und Buchung unter Tel: 0331/620 85-55 oder E-Mail: fuehrungsbuero@hbpg.de


 
 
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